Tag 6
Am nächsten Mittag, es war Sonntag, 15. März, bezahlte ich
die Hotelrechnung und liess mir ein Taxi bestellen. Ich wollte so schnell wie
möglich zum Flughafen kommen. Falls plötzlich eine Ausgehsperre verhängt würde.
Inzwischen wusste ich, dass Trump sehr schnell handeln kann. Als ich das Hotel verliess,
strahlte mich die berühmte Kalifonische Sonne zum ersten Mal, seit ich da war. Was für eine Ungerechtigkeit, dachte ich.
Jetzt scheint sie, wenn ich weggehen muss. Auf dem Weg zum Flughafen sprach weder der Taxifahrer
noch ich ein Wort. Plötzlich sah ich das Schild «Bewerly Hills». Ich sah durch
das Fenster. Hohe Palmen säumten die Strasse, hinter den wunderschönen Vorgärten,
reihten sich Villen. Trotz Corona waren immer
noch viele Leute mit dem Fahrrad oder zu Fuss unterwegs. Ich fühlte mich
traurig und niedergeschlagen. Ich wollte
so vieles in LA sehen! Doch ich erhaschte nur diesen flüchtigen Augenblick und
war bereits auf dem Weg nach Hause. Nach drei Tagen!
Am Flughafen herrsche kein Chaos wie ich es erwartet hatte. Business
as usual, obwohl auffällig viele Leute mit Masken herumliefen – nicht nur die
Asiaten. Überall gab es Stellen wo man Hände desinfizieren konnte. Die
Flughafenangestellte sahen wie immer aus. Sie trugen weder Gesichtsmasken noch
Handschuhe. Rasch passierte ich das Check-In und die Sicherheitskontrolle. Um
13:30 Uhr sass ich bereits in einem Restaurant und ass zu Mittag. Ich liess mir
Zeit, es gab noch 4 Stunden zum totschlagen. Aber so richtig geniessen konnte
ich das Essen nicht. Die Angst sass die ganze Zeit im Nacken: Wird mein Flug doch
noch im letzten Augenblick gecancelt? Ich wollte auf keinen Fall im LA bleiben.
Jetzt wo ich im Reisemodus war, wollte ich nur noch nach Hause.
Der Flug verlief wunderbar, es war ein ganz neues, modernes
Flugzeug. Ich glaube es war Boing 737. Ich sass gleich hinter der Business
Klasse, vor mir war die Wand, links von mir sass niemand, in der ganzen Reihe. Die
Sitze waren breiter als normal. Es waren bessere Plätze die man zusätzlich
bezahlen musste.
Wir erreichten London am nächsten Mittag, Lokalzeit. Sehr viele
Menschen trugen Gesichtsmasken. Per Lautsprecher wurde man ständig erinnert,
die Hände zu waschen und sich nicht ins Gesicht zu fassen. Es gab überall Stellen wo man Hände
desinfizieren konnte. Aber sonst war alles normal. Auch hier musste ich 5
Stunden warten bis es weiter ging. Die meiste Zeit verbrachte ich in den
Sozialen Medien. Immer mit dem Damoklesschwert über dem Kopf, ob der Flug gecancelt
wird.
Um 18 Uhr durften wir endlich einsteigen. Ich konnte bei
meiner Buchung keinen besseren Platz ergattern. Ich bekam den zweitletzten
Platz. Die Maschine war klein und überfüllt. Überall wurde gehustet oder
geniesst. Fast jeder zweite trug eine Gesichtsmaske. Von «Social Distancing»
keine Rede. Wie sollte es auch? Leute sassen dicht gedrängt, wie Sardinen in
der Konserve. Und jeder wahr froh, noch rechtzeitig geschafft zu haben. Ich stellte mich schlafend, nahm weder den Snack noch das Getränk
das angeboten wurde.
Nach etwas mehr als einer Stunde landeten wir in Zürich. Ich
war in der Schweiz! Jetzt konnte nichts mehr schief gehen. Ich erwischte sofort
einen Zug nach Luzern. In meinem Wagon war ich der einzige Passagier. Irgendwann
kam die Meldung, dass die Billette wegen der Ausbreitung des Corona Viruses
nicht mehr kontrolliert werden. Ich fühlte mich angekommen – mitten in der Apokalypse.
In diesem Augenblick wurde mir klar warum ich eigentlich nach LA geflogen bin,
obwohl ab nächstem Tag der Flugverkehr eingestellt werden sollte. Nicht nur
wegen des Geburtstags von Alejandro. Es war eine Flucht. Flucht aus der Corona Panik
die in der Schweiz herrschte. Ich dachte, dass in Amerika noch lange nicht so
weit sein würde wie bei uns. Doch ich habe mich getäuscht. Das Virus ist
schneller als ich um die Welt gegangen. Ich war nun zurück und es war immer
noch da – das Virus, die Panik, das Gefühl der Apokalypse.
Doch die Reise hatte auch etwas Gutes. Ich habe tolle
Menschen kennengelernt. Menschen bei denen ich mich zu Hause gefühlt hatte. Den
temperamentvollen Vater von Alejandro, der wunderschön singen kann. Seine freundliche Tante, die die besten
Tortillas mit Zimt macht. Seine 4 Schwestern, den Bruder und die Nichten und
Neffen die eine wunderbare Party in einem wunderschönen Haus organisiert hatten.
Auch einige Freunde von Alejandro wurden zu meinen Freunden. So angesehen hat
sich die Reise gelohnt. Danke Alejandro, mein Freund, dass du mich mit diesen
tollen Menschen zusammengebracht hast.
Ach ja! Ich habe im Teil 1 versprochen zu erzählen wer
Alejandro ist und wie unsere Freundschaft zu Stande kam. Das werde ich euch
morgen erzählen…
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